Steinenbronner und die Corona-Pandemie

Jetzt,wo der Frühling sich angemeldet hat, ist unser Tagesablauf beeinflusst von Corona, so dass wir unsere Planungen und den Tagesablauf ganz anders gestalten müssen. Um unsere Steinenbronner bei der Lektüre von Blättle und Homepage der Freien Wähler anzuregen haben wir einige unserer Mitglieder gefragt, was sie in dieser Zeit bewegt. Vielleicht ist es auch eine Anregung für Sie dabei und unser Bericht findet Ihr Interesse. Vorgesehen waren auf 2 Fragen Antworten zu bekommen. Diese fielen aber so umfangreich aus, dass ein Andruck im Blättle nicht angemessen erschien. Wir müssen Sie daher auf unsere Homepage verweisen – die Berichte sind äußerst lesenswert, schauen Sie rein.

Gitta Obst

Zu Deinen vielen ehrenamtlichen Aufgaben zählt auch die Hausaufgabengebetreuung. Wie können die Kinder jetzt unterstützt werden? Können die Eltern Aufgaben übernehmen?

Die Grundschulkinder an der Klingenbachschule bekommen wie alle Schulkinder in unserem Land Aufgaben von ihren Lehrerinnen und Lehrern. Sie stehen im Kontakt mit ihnen und verteilen die Aufgaben nach Wissensstand und Fähigkeiten der Kinder. Die Hausaufgabenbetreuung ist derzeit nicht im Einsatz – sicher wird es nach einer schrittweisen Öffnung der Schulen für diese Einrichtung viel zu tun geben.

In der Gemeinderatsarbeit herrscht sicher nicht Stillstand. Wie sieht  jetzt die Gemeinderatsarbeit aus – Video- oder Telefonkonferenzen wird es sicher nicht geben.

Gemeinderat ohne Sitzungen heißt nicht, Gemeinderat ohne Arbeit. Vieles musste unter den derzeitigen Gegebenheiten abgeklärt werden wie z. B. „Wie geht die Gemeinde mit der anstehenden Bürgermeisterwahl um?“ Hier wurden Emails und Telefonate ausgetauscht und zwischen Rathaus und Gemeinderat und Gemeinderäten untereinander per App komuniziert .Das Ergebnis konnten die Bürgerinnen und Bürger und die Kandidatinnen und Kandidaten letzten Donnerstagabend in der Sandäckerhalle  im Rahmen einer „Notsitzung“ verfolgen.Wie ich finde, hat die Gemeinde mutig und richtig zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger entschieden.

Das Gemeindeleben steht nicht still, viele Aufgaben des alltäglichen Lebens gehen weiter und neue stehen an: So  wurde z. B. Die Initiative „Bürger helfen Bürgern“ ins Leben gerufen, woran u.a. auch Gemeinderäte mitbeteiligt waren .Als Beauftragte für unsere von Corona stark betroffene Partnergemeinde Polla mit Vallo di Diano habe ich in Absprache mit Herrn BM Singer Kontakt aufgenommen  und die Hilfsfondnummer publik gemacht. Jeder gibt derzeit an seinem Platz das Mögliche, auch die Gemeinde und der Gemeinderat.

Astrid Hagen

Bei Deiner Arbeit kommst Du in Kontakt mit verschiedenen Personen. Wie können deren und Deine Gesundheit nicht Schaden erleiden?

Seit 2 Wochen läuft am Amtsgericht, wie auch in vielen anderen Gerichten in BaWü ein „Notbetrieb“. Vom Justizministerium gab es Empfehlungen, die bei uns am Gericht strikt umgesetzt wurden. So wurden alle mündlichen Verhandlungen in Straf-, Zivil- und Familiensachen bis zunächst mal 19.04.2020 aufgehoben, verlegt, abgesetzt, wie auch immer. Allerdings gibt es ja auch regelmäßig in allen Bereichen der ordentlichen Gerichtsbarkeit eilbedürftige Fälle zu erledigen.

Im Strafbereich handelt es sich um die sog. ermittlungsrichterlichen Tätigkeiten. Was ist das? Vom Schreibtisch aus und ohne„Kundenkontakt“ zu erledigen sind das beispielsweise der Erlass von Haftbefehlen und Durchsuchungsbeschlüssen in laufenden Ermittlungsverfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft.

Aber auch an mündlichen, also persönlichen Anhörungen kommt man nicht vorbei. Werden aufgrund Haftbefehls Personen im Amtsgerichts-Bezirk aufgegriffen oder anderswo und/oder es handelt sich um Haftbefehle, die das AG Nürtingen erlassen hat, ist der an diesem Tag jeweils zuständige Haftrichter am Gericht zuständig. Das heißt, die Polizei bringt die jeweilige Person und es findet eine mündliche Verhandlung über den Erlass und/oder die Invollzugsetzung des jeweiligen Antrags vor dem Haftrichter statt. Jetzt weichen wir in den Sitzungssaal aus, weil der viel größer ist.

Oder Angeklagte sitzen in Untersuchungshaft. Haftsachen sind ebenfalls zügig zu verhandeln. Erst letzte Woche habe ich gegen einen 20-jährigen verhandeln müssen, der seit Oktober 2019 in Untersuchungshaft in der JVA Stuttgart einsaß. Es gibt eine Hausverfügung der Direktorin, die die Anzahl der Besucher im Gebäude beschränken soll. Im Fall des 20-jährigen habe ich alle seine erwartungsgemäß erschienenen Freunde, es waren ca. 10, deshalb freundlich gebeten nach Hause zu gehen, was sie auch gemacht haben. Ansonsten hätten sie natürlich alle das Recht gehabt in der öffentlichen Hauptverhandlung anwesend zu sein. Wir haben mittlerweile die Gerichtssäle so bestuhlt, dass der nötige Abstand zwischen den Verfahrensbeteiligten und der Öffentlichkeit von 2 Metern formal gewahrt ist.

Desinfektionsmittel stehen den Beschäftigten des AG zur Verfügung. Desinfektionsspender für Besucher habe ich bisher nicht gesehen.

Der Notbetrieb bedeutet, dass in einer Art Schichtdienst die Geschäftsstellen besetzt sind und nie alle gleichzeitig in der jeweiligen Abteilung anwesend sind. Die Richter können es halten wie sie es selbst für notwendig erachten. Aber da nicht verhandelt wird, gibt es im Moment nicht so schrecklich viel zu tun. Die Verwaltung ist täglich besetzt. Da wir Richter alle eigene Büros haben, fühle ich mich im Gericht, was die Ansteckungsgefahr angeht, relativ sicher. Wir halten alle untereinander Abstand und waschen uns gefühlt ständig die Hände. Ich selbst merke wie wichtig Normalität in diesen Zeiten ist.

Welches Verkehrsmittel empfiehlst Du, wenn der Arbeitsplatz nicht am Ort ist. Wie sind Deine Erfahrungen?

Am sichersten ist es sicherlich das eigene Auto zu benutzen oder mit dem Rad zu fahren.

Allerdings bin ich seit Wochen ohne Auto und fahre im Prinzip mit Bus und Bahn. Von Steinenbronn aus muss man zweimal umsteigen und die Fahrzeit beträgt mindestens 1 Stunde. Der eng getaktete Fahrplan war vor Corona nur schwer einzuhalten, seit 2 Wochen laufen die Verbindungen wie geschmiert, was daran liegt, dass kaum noch jemand öffentlich fährt, der Busfahrer keine Tickets mehr verkauft und es deshalb vorne beim Fahrer zu keinen Verzögerungen kommt. Aber auch in öffentlichen Verkehrsmitteln besonders auf den Abstand achten! Vor 3-4 Wochen, als die Situation noch nicht so ernst war, haben mich die ständig „quatschenden“ Mitfahrer ziemlich genervt! Keiner konnte seinen Mund halten! Jetzt herrscht Schweigen, zum Glück. Man hat viel Platz in Bus und Bahn! Leuten die einem zu nahe kommen kann man ausweichen. Aber sicherlich ist das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefühlt stressig in Corona-Zeiten.

Giovanni Sena

Wie wirkt sich das Coronavirus in z.B. in Deinem Betrieb aus?

Als erstes muss ich sagen hatte ich gedacht, das ist ein Witz und ich träume. Nachdem ich nunmehr seit 3 Wochen jeden Morgen aufstehe, hoffe ich immer wieder, dass wir aus diesem Alptraum aufwachen, aber leider ist es nicht so!

Ich habe seit dem11 März gemerkt, dass meine Mitarbeiter sehr verunsichert sind, weil Sie nicht wissen, wie Sie auf unsere Kunden zugehen sollen und vor allem wie es weitergeht. Ich musste mit meinen Mitarbeitern Gespräche führen, damit wir noch ein intaktes Betriebsablauf hinbekommen.

Als erstes bin ich zur Apotheke und habe Desinfektionsmittel in großen Mengen gekauft (nicht gehamstert), damit meine Mitarbeiter und Kunden sich desinfizieren können. Ich habe meinen Mitarbeiter vorgeschrieben die Hände mit Seife gründlich zu waschen.

Beim Frühstück und beim Mittagessen 1,5 m Abstand.

Nachdem unsere Industrielackierkunden Kurzarbeit angemeldet haben, habe ich versucht Aufträge zum Lackieren zu finden. Nachdem auch andere Firmen in Kurzarbeit gegangen sind, ist dies sehr schwierig geworden. Nachdem in der Woche um den 11. März kaum das Telefon läutete, haben wir uns mit Kurzarbeit beschäftigt. Aber ein Teil der Mitarbeiter wurden am Telefon vom Arzt gleich für 2 Wochen krankgeschrieben, nun ist die Kurzarbeit erstmal vom Tisch. Seit dieser Woche haben wir Privatkunden, die Termine wieder wahrnehmen.

Die Ersatzteil Versorgung wird schwieriger aber nicht unmöglich, im schlimmsten Fall kommen die Ersatzteile 1 Tag später. Das ist zur Zeit für die Kunden okay, das wäre vor der Krise nicht denkbar gewesen.

Wir haben nun durch den Verlust beim Industrielackieren einen Umsatzteinbruch von ca 40%.

Kundenkontakt ist zur Zeit kaum möglich, das meiste wird telefonisch, per Email oder per Whatsapp abgesprochen. Man könnte die Situation so bewerten, dass höchste Sicherheitsstufe besteht.

Kann Steinenbronn unseren Bürgern mit italienischen Wurzeln helfen, was deren Verwandtschaft in Italien betrifft?

Ich denke nicht, weil sowieso zur Zeit nichts unten ankommt. Habe jeden 2 Tag Kontakt mit meinen 2 Geschwistern, die in Italien leben. Sie haben natürlich Angst, aber sie sind sehr stark. Die haben Hausarrest und können nur zum Einkaufen raus gehen.

(Interview erfolgte unabhängig vom Hilferuf der Gemeinde, die im vergangenen Blättle veröffentlicht wurde)

Timm Klauss

Du arbeitest als Manager bei einem großen Automobilhersteller. Wie hat sich tägliche Arbeit mit dem Virus verändert? Die Produktionspause dürfte doch von den Ingenieuren genutzt werden um Neuerungen zu erproben?

Die COVID-19-Pandemie trifft alle Unternehmen gleichermaßen – was für uns alle gravierende, noch nicht abschätzbare Veränderungen für Wirtschaft und Gesellschaft mit sich bringen wird.

Dies ist natürlich für alle Betriebe im produzierenden Gewerbe, in denen viele Menschen an einem Produkt auf engem Raum arbeiten müssen, vor allem aufgrund der Sicherheitsabstände, eine besondere Herausforderung. Für die beiden Osterwochen ist aktuell Kurzarbeit in der Produktion geplant. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Konzepte zu erarbeiten, wie dies nach dem Neuanlauf in der Produktion sichergestellt werden kann.

Für die indirekten Bereiche sieht das ein wenig anders aus. Hier stehen wir vor vielen Herausforderungen und Projekten, weshalb wir speziell in Entwicklung und Planung weiter mit Vollgas an den Zukunftsthemen wie beispielsweise Neuanläufe und Elektrifizierung arbeiten.

Sofern möglich, gilt hier die grundsätzliche Anordnung von HomeOffice, um das Ansteckungsrisiko von allen Mitarbeitern zu minimieren. Wir erleben und erlernen hierbei, welche Vor- und Nachteile die mobile Arbeitsform mit sich bringt. Ich denke, dass wir viele Vorteile auch für die Zeit „danach“ nutzen können, um uns für die Zukunft noch besser aufzustellen. Socializing findet mehr und mehr digital statt, erste gemeinsame digitale Frühstücks oder Virtual Coffees waren eine sehr interessante Erfahrungen für mein Team und mich.

Ist es denkbar, dass auch Daimler Beatmungsapparate produzieren wird – nach Herrn Trump soll das ja für GM möglich sein.

Ich bin mir sicher, dass jedes Unternehmen seinen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen im Gesundheitssystem leistet – natürlich auch wir! Neben der Herstellung von Desinfektionsmittel und genähten Atemmasken produzieren unsere 3D-Drucker medizinisches Equipment. Jeder hilft mit: vom Rennsport-Ingenieur zur Herstellung von Atemhilfen oder unsere Werkssanitäter, die aktuell im freiwilligen Einsatz des Rettungsdienstes für die Landeshauptstadt sind.

Auch wenn wir den Weg und den Ausgang der Pandemie noch nicht genau kennen, mit vereinten Kräften werden wir aus dieser Krise heraus gehen und an gesellschaftlicher Stärke dazu gewinnen.

Keep distance – bleibt gesund!

Rüdiger Krauß

– Schriftführer-

 


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